Unterhaltung: Russland von heute

Stoni, 27. Juni 2013, um 08:27

Ja es ist unproduktiv. Weil da jemand meint, er wüsste etwas vom Hörensagen und von allgemeinen Klischees über Diktaturen und meint Aussagen treffen zu können über so viele von Putin "ermordete, mißhandelte und verschleppte Journalisten".
Doch das ist schlicht falsch. Und wird nicht einmal von der Opposition oder von Amnesty International behauptet. So funktioniert der Machtapparat schlicht und einfach nicht. Und so darf der Westen nicht seine Kampagnen führen, weil diese Unwahrheiten, Übertreibungen leicht zu widerlegen sind.

"Menschenrechtsverteidiger und Journalisten waren weiterhin starkem Druck ausgesetzt,.." schreibt Amnesty in seinem Report 2012 und das ist sicher richtig.

Auch wird es wohl sicher Ermordungen von unliebsamen kritischen Journalisten geben. Aber die sind zu oft privat-wirtschaftlich motiviert, über Verstrickungen in Krisengebieten, auch und vor allem bei Recherchen über Korruption des Staatsapparates, über hohe Beamte, Gouverneure oder so wie im berühmten Magnitsky-Fall.
Moralisch hat/hätte der FSB sicher keine Probleme, allein es ist nicht das Mittel, Putin ist längst viel viel weiter in seiner Machtausübung.

"Laut dem jüngsten Bericht des Internationalen Presseinstituts (IPI) sind im laufenden Jahr weltweit 82 Journalisten ums Leben gekommen. Mexiko 11. Iran 9, Russland 2."

Um die vielen mal zu benennen:
In Russland sind Attentate auf Journalisten keine Seltenheit. Vor allem der Mord an Anna Politkowskaja von der „Nowaja Gaseta“ im Jahr 2006 und die Ermordung des Chefredakteurs des russischen „Forbes“-Magazins Paul Khlebnikov 2004 hatten für Schlagzeilen gesorgt. Auch der Mord an der Korrespondentin der „Nowaja Gaseta“ Anastassija Baburowa im Jahre 2009 sowie die Überfälle auf den Chefredakteur der „Chimkinskaja Prawda“ Michail Beketow 2008 und den „Kommersant“-Reporter Oleg Kaschin 2010 lösten eine große Resonanz in der Gesellschaft aus. Weiter zurück liegen u.a. Eduard Markewitsch, Redakteur der Zeitung „Nowy Reft" (2001), der Chefredakteure der Zeitung "Toljatinskoje Obosrenije“ Waleri Iwanow (2002) und Alexej Sidorow (2003), der tödlichen Attentate auf den Reporter der Tulaer Zeitung „Molodoj kommunar“ Wagif Kotschetkow und auf die Journalistin der Taganroger Zeitschrift „Nasche wremja“ Natalja Skryl.

Stoni, 27. Juni 2013, um 08:45
zuletzt bearbeitet am 27. Juni 2013, um 08:46

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Ich bin sehr dafür, Putin anzuklagen. Aber bitte mit den richtigen Verbrechen. Sonst hauen ihn seine Verteidiger schnell raus und es wird von mal zu mal schwerer, dafür noch Gehör zu finden und seine Anhänger zu überzeugen.
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neuerhotte, 27. Juni 2013, um 09:17
zuletzt bearbeitet am 27. Juni 2013, um 09:18

Wenn es um Verletzung von Menschenrechten oder Grundrechten geht darf die Kritik daran auch im eigenen Land nicht halt machen, das wäre heuchlerisch und unglaubwürdig.
Das Vertrauen in Politik und deren Vertreter ist zu recht sehr getrübt bei Menschen die nur etwas Verstand haben.
Typisches aktuelles Beispiel die Verletzung von Grundrechten wie Versammlungsfreheit was später für mich in Freiheitsberaubung gipfelte.
Die meisten wissen sicherlich was ich meine, der hessische Innenminister oder die Partei selbst sollte die nötigen Konsequenzen ziehen und ihm den 'Abflug' nahelegen.
Aber wie bekannt hackt ja die eine Krähe der anderen kein Auge aus erst recht nicht wenn sie aus dem eigenen Stall stammt.
Die Partei, der Politiker oder die Meinung mit der ich mich wirklich identifiziere muß deshalb erst noch erfunden werden weil alles seine Schattenseiten hat.
Erst mal vor der eigenen Haustür kehren fällt Menschen immer schwer besonders wenn sie in der Öffentlichkeit stehen.
Der notwendige 'Aufschrei aus den eigenen Reihen' fehlt leider zu oft, auch bei uns.

neuerhotte, 27. Juni 2013, um 09:25
zuletzt bearbeitet am 27. Juni 2013, um 09:26

Die einzige Idee oder Philosophie mit der ich mich identifizieren könnte ist der Buddhismus, sicherlich durch die eigene Familie geprägt, das impliziert natürlich manchmal 'die andere Wange auch noch hinzuhalten'. Wem es Spaß macht darf sich gerne wie hier leider üblich darüber lustig machen.

neuerhotte, 27. Juni 2013, um 12:35

Alter und Glauben schützt vor Dummheit nicht :-)

Ex-Füchse #72403, 27. Juni 2013, um 16:53

und täglich grüßt.........

Ex-Füchse #11750, 27. Juni 2013, um 17:25
Dieser Eintrag wurde entfernt.

IngoKnito, 28. Juni 2013, um 08:02

http://www.youtube.com/watch?v=PfnYfg3e6go

Stoni, 28. Juni 2013, um 08:38

Die Thalbach hatte schon vor Monaten dementiert und auch ich habe gestern bereits den Scherz akzeptiert. Eine Manipulation mehr wäre aber nicht erstaunlich gewesen.

Russland HEUTE ist eine Ableger des Kremlblattes Rossijskaja Gaseta, deren Monatsbeilage allerdings in der SZ, Washington Post etc. erscheint und schon auch kritische Artikel über Putin veröffentlicht.

Vom echten Skandal im falschen
26. Juni 2013
"Nun bin ich der letzte, der seine Hand dafür ins Feuer legt, dass westliche Medien immer fair und ausgewogen über Russland berichten. In diesem Falle sind jedoch die Kämpfer der ideologischen Front über das Ziel hinausgeschossen.
..
Fazit: Das Ganze war ein schräger Scherz, nicht mehr. ..
An der genannten „aspekte"-Sendung über Pussy Riot gäbe es auch ohne den albernen Bezahl-Vorwurf genug zu kritisieren. Was können Aussagen prominenter Nichtwisser à la „ich finde das schrecklich" Erhellendes zum Thema beitragen, außer dass die Zuschauer sich einmal mehr darüber vergewissern, was anständige Menschen über das Thema zu denken haben? Also doch Propaganda, aber keine plumpe russische sondern (relativ) fein gestrickte westliche. Diese zu erkennen und zu entlarven sind die Holzhammerpropagandisten des Kremls jedoch nicht in der Lage. Also folgen sie der Spur des Geldes. Auch wenn das in solchen Fällen oftmals ein falsche Fährte ist.
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Interessant war der Artikel vom letzten Jahr.

Lobt Putin, wenn ihr ihn schwächen wollt!
17. November 2012

Die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland sind so schlecht wie schon lange nicht mehr. Liegt es daran, dass die Deutschen die Russen ungefragt und arrogant mit Ratschlägen überschütten, oder daran, dass die Russen sich nichts sagen lassen und gleich beleidigt sind? Es gibt Menschen, die geben gerne gute Ratschläge. Manche nur dann, wenn sie sich wirklich auskennen. Andere immer, unabhängig davon, ob sie etwas wissen und ob ihr Rat überhaupt gefragt ist. Solche Typen nerven. Besonders unbeliebt sind Ratschläge, die kein Problem lösen, sondern den Lebenswandel der Mitmenschen betreffen.
„Steck deine Nase nicht in anderer Leute Angelegenheiten" sagt man solchen Zeitgenossen gewöhnlich. Die Russen sagen auch „Geh nicht mit deiner Ordensregel in ein fremdes Kloster".

Letzteren Satz hört man als Ausländer immer wieder aus dem Munde von Russen, zur Zeit ganz besonders. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland sind so schlecht wie schon lange nicht mehr. Liegt es daran, dass die Deutschen die Russen ungefragt und arrogant mit Ratschlägen überschütten, oder daran, dass die Russen sich nichts sagen lassen und gleich beleidigt sind? Es ist beides.

Hier stehen sich zwei konträre Weltbilder gegenüber. Die deutschen Eliten gehen davon aus, dass es legitim ist und von hohem Ethos zeugt, wenn man sich überall dort einmischt, wo Unrecht geschieht. So wie man auch nicht wegschaut, wenn in der Nachbarwohung die Eltern ihre Kinder quälen.
Die Russen meinen, dass in der internationalen Politik solche Verhaltensmuster aus dem mitmenschlichen Zusammenleben nichts zu suchen haben. Jedes Land muss seinen Weg alleine finden.

Die Deutschen verstehen ihre Kritik als Freundschaftsdienst. Die Russen empfinden sie als feindliche Einflussnahme mit dem Ziel der Schwächung ihres Landes. Diese Haltungen erklären sich aus der Geschichte der beiden Völker.

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Eines aber steht fest: Momentan nutzt die Kritik aus dem Ausland vor allem den Herrschenden in Russland. Ein Politiker, der über Einmischung in die inneren Angelegenheiten schimpft, überall westliche Spione sieht und sich den „Mentoren-Ton" verbittet, kann auf den Beifall der Mehrheit rechnen. Für Putins Wähler gehört es zu den größten Verdiensten des Präsidenten, dass er den Einfluss des Westens zurückgedrängt hat.
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Jede Solidaritätsadresse an Pussy Riot, jeder Demokratie-Preis für einen Oppositionellen ist in den Augen des Volkes ein weiterer Beleg dafür, dass die Fremden ihre Ordensregel in Russland durchsetzen wollen.
Die logische Schlussfolgerund daraus wäre: ausländische Politiker, die Änderungen in Russland wünschen, müssten die dortige Regierung und ihre Aktionen in den höchsten Tönen loben. Das müsste dem Volk dann zu denken geben. Wenn das Ausland die gut findet...
Diese Ablehnung kommt aus der Erfahrung der Ära von Gorbatschow und Jelzin. Die Russen mussten damals feststellen, dass man im Westen umso lauter jubelte, je schlechter es ihnen ging. Wenn das Ausland unzufrieden ist, dann geht es bei uns aufwärts, diese Lektion macht Putin nun dem Volk glaubhaft. Der Westen hat bisher wenig dazu getan, ihn zu widerlegen.

Ex-Füchse #365, 28. Juni 2013, um 10:21

Die so oft festgestellte Arroganz zeigt Deutschland ja nicht nur Russland gegenüber.
Frag mal die Griechen oder die Spanier wie sie das Auftreten deutscher Regierungsvertreter sehen.
Natürlich haben wir nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, Menschenrechtsverletzungen zu kritisieren. Es steht uns auch zu, andere Länder zu mehr Wirtschaftlichkeit anzuregen. Aber was uns ganz sicher nicht gut zu Gesicht steht, ist der Versuch unsere Wertvorstellungen all überall durchzusetzen.
Wobei ich im Falle von Pussy-Riot trotzdem anderer Ansicht bin, als Du, Micha! Ich fürchte hier stand die Verurteilung der Mädels schon vor Prozessbeginn fest und sowas ist dann halt nicht rechtsstaatlich, egal, was irgendwelche Pressfuzzis dazu sagen.

Seb1904, 28. Juni 2013, um 11:23

Die Griechen und Spanier halten uns doch im wesentlichen deshalb für arrogant, weil wir die Unverfrorenheit besitzen ihnen Anweisungen zu geben, wie sie mit dem von uns geliehenen Geld sinnvollerweise umgehen sollten.

Dabei haben sie über Jahre und Jahrzehnte bewiesen, dass sie auf genau diesem Gebiet keinerlei Instruktionen nötig haben.

Es ist kein Wunder, dass derjenige, der mal ausspricht (auch in den hiesigen Medien und besonders in der Vier-Buchstaben-Gazette), dass die Empfänger mit den Gebergeldern Schindluder betreiben, nicht sonderlich freundlich behandelt wird.

Mein kleiner Sohn reagiert auch nicht mit Dankbarkeit, wenn ich ihn energisch auf Blödsinnigkeiten hinweise und ihn auffordere diese zu unterlassen.

Und ehrlich gesagt glaube ich, daß sich Deutschland und Merkel in puncto Arroganz, Selbstbewusstsein und Zurschaustellung von eigener Stärke und Unantastbarkeit von niemandem eine dickere Scheibe abschneiden könnten als von Herrn Putin und Russland.

Stoni, 28. Juni 2013, um 11:27

Ich bin mir nicht sicher, Eva, ob wir da so unterschiedlicher Meinung sind, bzw. ob ich meine Position so richtig klar gemacht habe.
* Tatsache ist, sie waren (auch) Täterinnen und nicht (nur) Opfer.
* RUS hatte das Recht auf Anklage, Prozeß, Urteil.
Was in der Presse des Westens oft negiert wurde.
Und zwar in einmischender Art und Weise mit übelster Arroganz.

Das Problem auf russischer Seite lag darin,
* dass mehr als berechtigte Zweifel an einer unabhängigen Justiz bestanden,
* dass das Verfahren zu einer Art Schauprozeß ausgeartet ist
* mit einer beispielhaft einschüchternden Wirkung für oppositionelle Aktionen,
* dass das Urteil auch nach russischen Maßstäben überhart und nicht angemessen ist.

Der o.g. Artikel "Lobt Putin, wenn ihr ihn schwächen wollt!" zeigt sehr gut einen ganz gravierenden Mentalitäts- und Einstellungsunterschied auf, den ich immer wieder in RUS auch persönlich kennengelernt habe.
"Gehe nicht mit deinen Regeln in ein anderes Land."
Und ich kann auch nur dringend raten, kritisiere nicht (oder nur zurückhaltend) Russ­land allgemein, Bürokratie, Korruption, Alkoholkonsum usw.
Sonst machst Du Dich schnell unbeliebt. Die Russen sind stolz auf ihr Land – das größte der Erde. Sie lieben es. Natürlich kennen und hassen sie die vielen Probleme, die es gibt. Sie selbst untereinander kritisieren und schimpfen auch häufig und oft sehr heftig. Aber wehe, Ausländer tun dies. Dann fühlen sie sich verletzt und verteidigen ihr Land.

Und für die Russen ist nationale Souveränität ein Heiligtum. Sie können es auch gar nicht verstehen, wenn man diese zB. an Brüssel ausliefert und sich in der nationalen Selbstbestimmung beschränken lässt. Die Fälle Griechenland, Zypern in ihrer nächsten Nähe tragen auch nicht gerade zur Vertrauensbildung bei.


++++
In die gleiche Richtung geht die Abwehr ausländischer NGOs. Ein zweischneidiges Schwert, das man auch nicht so pauschal und unwissend behandeln kann, wie es auch hier wieder anklingt.
Natürlich kann man Goethe-Institute ins Feld führen. Im wesentlichen sind dies aber nicht kulturelle, sondern (partei-)politische NGOs.

Ihnen allen ist gemein, dass sie keinerlei demokratisch legitimierte Rechte und Aufgaben haben oder verfassungsgemäß verankert sind, also einen reinen privaten Hintergrund besitzen.
Teilweise sind die Mittel dieser NGOs sehr erheblich und sie beteiligen sich nicht zuletzt auch an Revolutionen, Vorbereitungen von politischen Umstürzen, Untergrabung von staatlichen Autoritäten oder medienwirksamen Aktionen gegen Unternehmen, Regierungen. Unter anderem wirkten solche NGOs maßgeblich auch bei der finanziellen, personellen und politischen Unterstützung der prowestlichen, sog. „Orangenen Revolution“ in der Ukraine mit.

Der Großspekulant George Soros ist einer der Haupt-Finanziers solcher Organisationen und Aktivitäten in Osteuropa. Golos (die Stimme) versorgt die US-Regierung mit Informationen und Beobachtungen über politische Abläufe in Russland und wird auch vor allem von den Vereinigten Staaten finanziert.

So ist es für Putin ein Leichtes, die Maßnahmen zur Kontrolle und Beschränkung der über 600 NGOs in RUS zu rechtfertigen, vor allem auch, weil viele dieser NGOs sich unzulässiger und einseitiger Einmischung schuldig gemacht haben. Diese unzulässigen Infiltrationen liefern jetzt Putin den Vorwand, gleich flächendeckend gegen alle NGOs vorzugehen, um RUS angeblich vor Destabilisierung und Einmischung in seine nationale Souveränität zu schützen.

Wir wissen, dass er damit vor allem nur seinen Machtapparat und seine eigene Position stabilisieren will.
Ein gutes Beispiel aber dafür, wie westliche Kritik und Einmischung von Putin persönlich genutzt wird, um in den Augen seiner Anhänger westliche Destabilisierung und Einfluss zurück zu drängen.

Stoni, 28. Juni 2013, um 15:00

Der Schweizer Abgeordnete , Mr Andreas Gross, Switzerland, Socialist Group, veröffentlichte seinen Bericht zum Fall des in Haft getöteten Sergei Magnitsky und bringt es vor den Europarat.

"Refusing impunity for the killers of Sergei Magnitsky"
http://www.assembly.coe.int/Communication/ajdoc24_2013.pdf

Stoni, 28. Juni 2013, um 15:01

Momentan nur ein Springer-Kommentar:
http://www.welt.de/politik/ausland/article117429591/Magnitskis-Leidensweg-Europarat-klagt-Russland-an.html

Stoni, 28. Juni 2013, um 15:05
zuletzt bearbeitet am 28. Juni 2013, um 15:06

Der eigentliche Grund für den Konflikt zwischen dem Westen und Putin
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Das Zurückdrängen westlichen Einflusses ist auch hier das zentrale Thema.

Viele Menschen empfinden zu Recht Unbehagen und Ablehnung in der Politik Putins Russland. Der o.g. Magnitsky-Fall ist so ein Beispiel.

Keine Frage zu Recht, dennoch muss es wundern, warum der Westen ausgerechnet RUS und Putin immer wieder so scharf attackiert, Milliarden ausgegeben werden, um RUS zu infiltrieren und auch die Presse so überproportional und stets negativ berichtet.

Es gibt Länder und Präsidenten, mit denen man Geschäfte macht und Beziehungen pflegt, die wesentlich stärker gegen Demokratie-, Freiheits- und Menschenrechte verstoßen. Einige haben sogar Absichten, NATO und EU beizutreten.

Zum einen hat das sicher mit der Grösse und Bedeutung des Landes zu tun. Allerdings ist letztere ja stark gesunken und die Grösse gab es ja auch schon unter Jelzin, der sich ebenso Verstöße gegen Demokratie-, Freiheits- und Menschenrechte hat zuschulden kommen lassen. Da blieb der Westen ruhig.

Kommen wir also zum anderen, der wohl wesentlichsten Ursache für den Konflikt zwischen Putin und dem Westen.

Russland ist weltweit größter Exporteur von Erdgas und Erdöl !

Unterstellten viele kritische Menschen den USA und dem Westen schon in den Irak-Kriegen die Sicherung eigener Interessen (an Erdöl) als Haupt-Motivation, um wieviel mehr geht es dann in RUS!?

In der Ölwirtschaft war im Zuge der Privatisierung unter Präsident Jelzin die ehemalige staatliche Monopolgesellschaft aufgespalten worden. Die Betriebe gingen fast vollständig in das Eigentum weniger Oligarchen - vor allem Michail Chodorkowski (Jukos-Konzern) oder Roman Abramowitsch (Sibneft) - und westlicher Unternehmen über.

Konzerne wie BP, Royal Dutch Shell, ExxonMobil, ConocoPhillips, Chevron oder die deutschen Unternehmen Ruhrgas AG und BASF AG erwarben Eigentum, Beteiligungen, Förderlizenzen oder gründeten Gemeinschaftsunternehmen mit russischen Partnern.
Das hatte allerdings zur Folge, dass RUS selbst nur noch über etwa 20% der Exporterlöse verfügen konnte!
Der Anteil der Energieexporte am gesamten Export RUS liegt aber bei rund 2/3 und ist für das Land absolut existentiell.
Dadurch verlor RUS unter Jelzin die Kontrolle über die eigenen Energiereserven weitgehend an den Westen und begab sich in starke, existentielle Abhängigkeiten, die bis hin zu einer nun westlich bestimmten Wirtschaft, Gesetzgebung und Aussenpolitik ging.
Der Westen kontrollierte RUS in den 90ern und das Land geriet dabei an den Abgrund.

Diese für den Westen natürlich angenehme und sehr einträgliche Situation unter dem schwachen, kranken und bestechlichen Jelzin änderte sich unter Putin. Im Gas- und Ölbereich verfolgte Putin eine weitreichende "Renationalisierung". 2003 begannen Regierung und Justiz, gegen den Ölkonzern Jukos des Oligarchen Michail Chodorkowski vorzugehen, und stärkten ihre Position im Ölsektor wieder. Ausländische Unternehmen sollen in der Energiewirtschaft als einem "strategisch wichtigen Sektor" keinen bestimmenden Einfluss mehr gewinnen dürfen. Die Renationalisierungspolitik Putins zeigt sich zum einen im Kauf von privaten Unternehmen durch die Staatskonzerne Rosneft und Gazprom. Außerdem fordert die russische Regierung die Beteiligung von Rosneft und Gazprom an Konsortien, die Lizenzen zur Erschließung von Öl- und Gasfeldern erhalten haben. Nach Meinung vieler Beobachter geht die Regierung dabei mit "Tricks und Druck" (Frankfurter Allgemeine Zeitung) vor. Auch Abramowitsch verkaufte. In den 90er Jahren geschlossene sogenannte "Produktionsteilungsabkommen" ("Production Sharing Agreements") wurden inzwischen auf Druck von Putin neu ausgehandelt. Präsident Putin kritisierte diese Abkommen gegenüber Pressevertretern im Juni 2007 als "Verträge im Kolonialherrenstil." Bei der Neuverhandlung des Abkommens mit einem Konsortium zur Erschließung des Vorkommens Sachalin 2 erreichte die russische Regierung Ende 2006 eine Aufnahme von Gazprom als Mehrheitsgesellschafter in das Konsortium, nachdem sie dem Konsortium wegen Verstößen gegen Umweltschutzvorschriften mit einem Entzug der Lizenz gedroht hatte. .. usw ..

Mit Putin hat der Westen also einen Gegenspieler bekommen, der berechtigte Interessen RUS zum Wohl des eigenen Volkes in dieser lebenswichtigen Frage wieder vertritt, das Land nicht an länger an den Westen verkauft und nationale Interessen und Souveränität wieder zurück in die Hände des Staates legte.

"Der größte Öl-Exporteur der Welt wendet sich immer mehr vom europäischen Markt ab. Die Rede ist von Russland. Das Land erhöht seine Lieferungen an seinen Nachbarstaat China. .. Demnach wird der staatlich kontrollierte Energie-Gigant Rosneft etwa Öl im Wert von 270 Milliarden Dollar in den nächsten Jahren nach China liefern."

Neben aller berechtigten Kritik an Putin und einer für aufgeklärte Menschen fast zwangsweisen Opposition zu diesem Präsidenten, liegen mMn hier die Wurzeln der Intensität des westlichen Putin- und RUS-Bashings.

Zu oft übergeht der Westen in anderen Teilen der Welt und im RUS der Vergangenheit weitaus stärkere Verstöße gegen Demokratie-, Freiheits- und Menschenrechte als dass ich glauben könnte, den westlichen Staaten oder Medien gehe es nur Menschenrechte.

Diese Intensität kommt mMn eher durch das Zurückdrängen des Westens aus RUS Energie- und Wirtschaftsreserven und die Wiederverfolgung russischer Interessen, auch in der Aussenpolitik.

Seb1904, 28. Juni 2013, um 15:14

"Gehe nicht mit deinen Regeln in ein anderes Land."

Gilt das denn auch als selbstverständliche Grundregel von Menschen, die aus RUS im Ausland Urlaub machen oder sich dort niedergelassen haben?

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