Unterhaltung: Nach der Wahl - wie weiter?

Ex-Füchse #4596, 26. September 2017, um 21:17

Sachsen is so auffällig weil das Hauptthema da eigentlich keine Rolle spielen dürfte.

Doc_Jule, 26. September 2017, um 22:10

eben

Lappen, 26. September 2017, um 22:47
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Ex-Füchse #4596, 26. September 2017, um 23:01

Wir haben keine Wiedervereinigung, wir haben nur neue Länder.

Lappen, 27. September 2017, um 00:19
Dieser Eintrag wurde entfernt.

Doc_Jule, 27. September 2017, um 07:14

das war genau das, was ich meinte. Die wirklichen Ursachen, die zu diesem desaströsen Wahlverhalten, besonders in den sog. "neuen" Bundesländern geführt haben, müssen analysiert, offen und ehrlich benannt und dann möglichst beseitigt werden....Brot und Spiele funktioniert nur bis zu einer gewissen Grenze. Wenn Menschen sich in ihrer Identität und in ihrer wirtschaftlichen Sicherheit bedroht fühlen, wobei nebensächlich ist, ob das den Tatsachen entspricht, haben Demagogen leichtes Spiel

Doc_Jule, 27. September 2017, um 08:52
zuletzt bearbeitet am 27. September 2017, um 08:57

ich wage mal eine ganz vorsichtige Analyse, warum gerade im Osten der Republik so viel Unmut entstanden ist. Nach dem Jubel über die Grenzöffnung, Bananen und Begrüßungsgeld kam doch ziemlich rasch die Ernüchterung. Nicht nur wurde vieles, was vielleicht hätte erhalten werden können, "abgewickelt", und das fast immer zum Nutzen irgendwelcher, meist westlicher, "Investoren". Schlimmer noch war die, nicht nur gefühlte, westliche Überheblichkeit und Bevormundung der ehemaligen DDR-Bürger, nicht von ungefähr entstanden Begriffe wie "Besserwessi" oder "Jammerossi". Meiner Meinung nach wurde 1989 eine einmalige Chance vertan, einen "Kassensturz" zu machen und ein wiedervereinigtes Deutschland zu schaffen, in dem man sich auf Augenhöhe begegnen konnte und in dem Erhaltenswertes (und das gab es durchaus) aus beiden Staaten übernommen wird.
Kein Mensch bekommt gern das Gefühl vermittelt, dass alles, was er bisher in seinem Leben geleistet und woran er geglaubt hat, Bullshit ist, aber genau dies haben die Bürger der ehemaligen DDR erleben müssen.
Nun kann man sagen, das sei ja nun schon lange her und inzwischen müssten "die" doch gelernt haben, in unserem System zurecht zu kommen.
Nö, nach dem Abzug der "Heuschrecken", die sich an der "Verwertung" des DDR gütlich getan haben, blieb ein, zwar optisch aufgehübschtes, aber zutiefst in relativ wenig Gewinner und viele, manchmal vielleicht auch nur "gefühlte", Verlierer, gespaltenes Land zurück. Die Älteren hatten nun eine Biografie, die sie von der Nazi-Diktatur über ein staatsmonopolistisches System direkt in eine Wirtschafts-und Finanzoligarchie katapultiert hat. Demokratie und Pluralismus, woher sollten sie das gelernt haben? Die mittlere Generation ist sicher mit dem größten Optimismus in das wiedervereinigte Deutschland gestartet, musste aber, wie oben teilweise schon beschrieben, schnell die Erfahrung machen dass sie "Deutsche zweiter Klasse" sind, was sich nicht zuletzt auch in niedrigeren Löhnen und Renten dokumentierte.
Und die ganz Jungen teilen das Schicksal der Kinder des westlichen Präkariats, sie werden "nicht gebraucht" und gehen von der (schlecht oder gar nicht abgeschlossenen) Schule direkt in Hartz4, oft schon in zweiter oder 3. Generation.
Auf solchem Boden gedeiht radikales Gedankengut, denn Menschen neigen dazu, einen Schuldigen für ihre Misere zu finden. Was für die Nazionalsozialisten "die Juden", sind für die heutigen rechten Demagogen "die Flüchtlinge".
Abgehängte und sich in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht fühlende Menschen gibt es auch im Westen, ohne Frage, und für sie gilt das Gleiche.
Es würde an dieser Stelle zu weit führen, wenn ich jetzt auch noch auf die Versäumnisse bei der Integration der bereits seit Jahrzehnten in D lebenden Migranten sowie der polnischen und russischen Spätaussiedler eingehen würde, obwohl auch das interessante Teilaspekte bei der Analyse von radkalem Wahlverhalten sind.
Sorry für den langen Text.....

Cabeza_doble, 27. September 2017, um 10:11
zuletzt bearbeitet am 27. September 2017, um 10:11

Musst Dich nicht entschuldigen, denn der Text war zwar lang aber gut.
Das meiste sehe ich ähnlich. Zwar bin ich, auch heute noch, froh darüber, dass die Mauer weg ist, aber, die Vereinigung von BRD und DDR ist nicht gut gelaufen.
Es ging einfach alles viel zu schnell. Statt den zwar schwierigen aber auf Dauer sinnvollen Weg der Neukonstituierung eines vereinigten Landes zu gehen, wurden die neuen Länder fix der BRD zugefügt und fertig. Für die meisten Wessis ging es nach der Wende weiter wie gehabt, nichts änderte sich und man konnte auf den gewohnten Schienen weiter fahren. Für die Leute aus der DDR änderte sich hingegen alles. Sie mussten sich plötzlich in einem unbekannten Gesellschaftssystem zurecht finden, mussten feststellen, dass alles, was sie bisher für richtig hielten plötzlich nicht mehr galt und jeder, der es wagte, irgendein gutes Haar an der DDR zu entdecken, wurde sofort unter Stasi-Verdacht gestellt.
All dies als alleinigen Grund für die AfD-Erfolge in den neuen Ländern zu sehen, griffe allerdings zu kurz, denn auch im Westen hat diese Partei große Erfolge erzielt.
Der Mehrheit der Leute in Deutschland geht es wirtschaftlich gut oder sogar sehr gut, aber es gibt auch viele Menschen, denen es eben nicht so gut geht. Sie fühlen sich vom System im Stich gelassen, ungerecht behandelt und sie haben Angst, irgendwann komplett abgehängt zu werden. Wenn es gelänge, diesen Leuten wieder eine erfreuliche Perspektive zu verschaffen, wäre schon viel geholfen.
Die Beton-Rechten in den alten und den neuen Bundesländern werden wir allerdings nicht erreichen. Die muss man halt einfach wie nen Pickel am Arsch irgendwie ertragen.

Ex-Füchse #4596, 27. September 2017, um 10:42

Eva, sie fühlen sich nicht im Stich gelassen und ungerecht behandelt, sie werden es.

sukniper, 27. September 2017, um 10:57

Doc und Cabeza, ihr sprecht mir aus der Seele .Ich bin in der DDR geboren, gleich nach dem Abi "geflüchtet", weil ich den Anwerbungsversuchen der Stasi entgehen wollte. Meine Mutter/Bruder blieben in der DDR. Ich kann alles, was ihr da schreibt und beschreibt bestätigen ! Demnächst haben wir wieder unser jährliches Klassentreffen, ich bin gespannt auf die Diskussionen über die Wahl. Wenn es doch mehr gäbe, die so denken wie ihr !!

Doc_Jule, 27. September 2017, um 11:07

es gibt sie, sukniper, aber sie werden häufig schnell mundtot gemacht und bekommen wenig mediale Aufmersamkeit....warum, kann jeder für sich selbst überlegen

Ex-Füchse #4596, 27. September 2017, um 11:08

Hotte, ich bin wirklich keine Dame 😄

soli, 27. September 2017, um 11:09

Friiiieeeeehhhhhk!

Wie ist das werte Befinden? Kurze Pause oder schon Feierabend?

Doc_Jule, 27. September 2017, um 11:12

Hotte, die Formulierung: "sozialistisch/kommunistisch/fragwürdig"
würde ich dir am liebsten um die Ohren hauen!

soli, 27. September 2017, um 11:20

Doc_Jule! Nicht so garstig, bitte.
Horsti handelt bzw. formuliert doch nur im Rahmen des ihm Möglichen.

Doc_Jule, 27. September 2017, um 11:41

stimmt auch wieder 😉

Doc_Jule, 27. September 2017, um 11:51

ich bin übrigens auch keine "Dame"....nur mal so am Rande

Doc_Jule, 27. September 2017, um 12:12

@Eva, du schreibst "Der Mehrheit der Leute in Deutschland geht es wirtschaftlich gut oder sogar sehr gut"....wenn du dich da mal nicht irrst.
Zum Nachlesen:
http://www.zeit.de/2017/17/armut-deutschland-wirtschaftsboom-sozialhilfe-einkommen

sashimi, 27. September 2017, um 12:15
zuletzt bearbeitet am 27. September 2017, um 12:18

sukniper,
Wenn es doch mehr
gäbe, die so denken wie ihr !!

Ich als Wessi denke auch so. Die sogenannte Wiedervereinigung wirkte auf mich eher wie eine Übernahme. Es wurde leider verpasst grundsätzliche inhaltliche Diskussionen zu führen und einen neuen Weg zu gehen. Ich sehe in der "Vereinigung" und den Folgen daraus auch einen Grund für das jetzige Wahlergebnis.

Ich sehe immer mehr Armut in Deutschland. Viele Leute die Pfandflaschen sammeln. Die Rente wird immer weniger usw.usf. Und die Mietkosten steigen in einigen Gebieten enorm an.

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