Unterhaltung: Wahltag

Octopussy, 15. Juni 2019, um 22:09

"Mein Ansatz baut auf John Rawls und seinem Schleier des Nichtwissens auf: eine Welt sollte gestaltet werden, bevor man seinen Platz in ihr kennt."

Lustiger Weise habe ich noch am Montag mit einem Freund über dieses Modell gesprochen. Finde ich einen top Ansatz.

Was Reiche glaube ich ift vergessen: Wenn sie selber weniger ubd die Armen mehr hätten, hätte sie auch weniger (berechtigte) Angst ihren Reichtum zu verlieren.

Octopussy, 15. Juni 2019, um 22:12

“ Einen führenden BlackRockisten wie Merz an die Spitze einer sog. Volkspartei oder sogar den Staat zu setzen, hat eine ähnliche Logik wie einen Serienvergewaltiger zum Aufseher eines Mädcheninternats zu machen“

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Stoni, 16. Juni 2019, um 00:20

Nun, es war u.a. der Papst, der es so drastisch formulierte: "Diese Wirtschaft tötet" (Evangelii Gaudium [EG] 2013: 238)

Sogar Kardinal Reinhard Marx pflichtet in der FAZ bei: "Ja, ein solcher Kapitalismus zerstört Menschenleben und schadet dem Gemeinwohl."

Und der Ökumenische Rat der Kirchen führte aus: »Unsere ganze derzeitige Realität ist so voll von Tod und Zerstörung, dass wir keine nennenswerte Zukunft haben werden, wenn das vorherrschende Entwicklungsmodell nicht radikal umgewandelt wird und Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit zur treibenden Kraft für die Wirtschaft, die Gesellschaft und die Erde werden.«

In der sog. São-Paulo-Erklärung forderten sie deshalb die Umwandlung des internationalen Finanzsystems zu einer Wirtschaft im Dienst des Lebens. "Der Kapitalismus ist durch seine »institutionalisierte Habgier« eine tödliche Bedrohung für Mensch und Natur und diese Bedrohung ist systemisch."

Stoni, 16. Juni 2019, um 00:20

»institutionalisierte Habgier«

Stoni, 16. Juni 2019, um 00:23

Durch »institutionalisierte Habgier« sehe ich den entscheidenden Unterschied, der aus der uns bekannten wohlstandsstiftenden, sozialen Marktwirtschaft einen gemeinwohlschädlichen, gar todbringenden Raubtierkapitalismus macht.

Bei »institutionalisierte Habgier« reden wir nicht von den "normalen" Unternehmen, ja selbst nicht einmal von den normalen Sparkassen und Banken ... die eine vernünftige Rendite für ihr Wirtschaften, ihr Risiko beanspruchen.

Wir reden von solchen BLackRocks, die jährliche Renditen von 15-20% beanspruchen, mit Vermögenssummen, die das BIP der EU übersteigen. Diese »Habgier«, diese Renditen lassen sich nicht mehr nicht mit einfachem Wirtschaften erzielen, befriedigen. Dazu braucht es immer mehr und weltweite Ausbeutung, Plünderungen, Raubzüge, politische Korruption, Subventionserschleichung, Ressourcen- und Umweltvernichtung, weltweite Kolonialisierungen, Interventionen und Kriege. Hier haben wir mMn die entscheidenden Änderungen der letzten Jahre, Jahrzehnte ... warum aus einer ehemals gemeinwohl-fördernden eine gemeinwohlgefährdende bis - vernichtende Wirtschaft wird.

Ich empfehle dazu den ARD Film über BlackRock, der klar macht, warum die "mächtiger sind als der US-Präsident" und dass deren Verantwortung bis zum lokalen Mietwucher in Wanne-Eickel geht. Dann wird auch klar, warum man BlackRock von Gemeinwohl/Politik genauso fern halten muss wie Serienvergewaltiger von Internatskindern.

Cabeza_doble, 16. Juni 2019, um 10:38

Stoni, wer mit einer derart negativen Weltsicht durch die Gegend läuft, muss doch eigentlich verzweifeln. Natürlich gibt es krasse Ungerechtigkeiten, sowohl, was die Verteilung der Güter auf der ganzen Welt angeht, als auch innerhalb des eigenen Landes. Trotzdem muss man doch sehen, dass es den Menschen insgesamt besser geht als noch vor hundert oder zweihundert Jahren. Diese Entwicklung voran zu treiben und zu beschleunigen muss unser Bestreben sein. Die Anzahl der Menschen wächst ja weiter rapide und auf Dauer kann die Menschheit nur bestehen, wenn wir zu einer gerechten Weltordnung gelangen. Das geht aber nicht, wenn man alles Scheiße findet und zornig den Kopf in den Sand steckt. Nichts tun ist keine Lösung. Gewalt aber erst recht nicht.

Cabeza_doble, 16. Juni 2019, um 10:41

Übrigens, auch ich halte die Überwindung des Raubtierkapitalismus für zwingend notwendig, aber das geht nicht mit Gewalt und nicht von heute auf morgen.

Stoni, 16. Juni 2019, um 12:47

Gewalt? Wer? Verzweifeln? Wer? Die katholische Kirche? So entwickelt sich die Welt nun einmal. Alles ausblenden, wegschauen oder naiv den Kopf in den Sand stecken, hilft sicher nicht. Und sich über die verbrecherischen Raubzüge der letzten 20-30 Jahre damit hinweg zu trösten, dass es den Menschen im Vergleich der letzten 100-200 Jahre besser geht? Ist sicher auch keine Lösung dafür, dass wir wieder "eine nennenswerte Zukunft haben werden". Vor allem nicht, da diese Entwicklung ja gerade auch wieder umgekehrt wird.
Insgesamt bin ich gar nicht so pessimistisch ... aber ja es wird Jahrzehnte dauern ... und erst werden wir immer weiter Besitzverhältnisse wie in Feudalzeiten haben, bevor es sich zu ändern beginnen wird.

Ex-Füchse #50408, 16. Juni 2019, um 13:21

Vielen Dank für diesen Tread und die vielen klugen Beiträge, die mich heute im Gottesdienst dazu brachten, Predigt und Liedtexte kritischer zu hinterfragen. all unsere Fürbittengebete und Zusicherungen helfen sicherlich nicht, die anliegenden Probleme zu lösen .Ich bin stonis Meinung, finde aber , dass es nicht unbedingt eine pessimistische Haltung sein muss, es ist aber eine realistische. Und was kann ich als kleiner Mensch neben der Fürbitte und dem Gebet tun ? Ich halte meinen ökologischen Fußabdruck so klein wie möglich (zugegebener Maßen auch dem Alter geschuldet und dem Vorbild der Enkel ! ) Und sonst ?

Cabeza_doble, 16. Juni 2019, um 20:05

Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals bei einer Wahl dem CDU Kandidaten die Daumen halten werde. Heute bei der OB Wahl in Görlitz war es so weit. Hat zum Glück geklappt.

SchwillTiger, 16. Juni 2019, um 22:38

Wie der Mensch so tickt:

Hat man selber 1 Euro, der Nachbar 1 Euro, geht es einem gut.
Hat man selber 2, der Nachbar aber 5 Euro, geht es einem nicht ganz so gut.

Neid und Missgunst können durch ein einfaches Spiel simuliert werden:

Ultimatumspiel:
Person A bekommt 100 Euro und darf diese auf sich selber und Person B aufteilen. Person B darf nach der Verteilung entscheiden, ob er damit zufrieden ist, dann behalten beide ihren Betrag, oder nicht, dann gehen beide leer aus!

Obwohl Person B ja bei jedem Betrag größer Null mehr hätte, als wenn er ablehnt, liegt die empirisch ermittelte Grenze etwa bei 30 Euro. Man gönnt sich (ja sonst) nichts!

Natürlich ist dies vom betrag abhängig. 1 Million würde sicherlich niemand ablehnen, auch wenn der andere 99 Millionen bekäme.

"Dabei zeigte sich, dass die Spieler aus den Industrieländern das hohe Extrem der Bandbreite von Angeboten und Ablehnungen repräsentierten. In den kleinsten Gesellschaften wurden sehr niedrige Angebote gemacht und diese nicht abgelehnt."

Natürlich kann man es auch positiv formulieren: wir teilen gerne!

Aber offensichtlich nur dann, wenn wir befürchten, anderweitig einen Schaden zu erlangen.

Stoni, 17. Juni 2019, um 10:12
zuletzt bearbeitet am 17. Juni 2019, um 10:13

Ein Banker, ein BILD-Zeitungsleser (muss nicht SchwillTiger sein) und ein Asylbewerber sitzen am
Tisch mit 20 Keksen. Der Banker nimmt sich 19 Kekse und sagt zum BILD-Zeitungsleser: “Pass auf, der Asylbewerber nimmt Dir Deinen Keks weg!”

Frollein_Schmutz, 17. Juni 2019, um 12:16

Die Parabel an sich mag ja noch gehen.
Was das Geätze gegen den Tiger soll, will sich Mia aber nich so recht erschließen ...

Octopussy, 17. Juni 2019, um 12:38
zuletzt bearbeitet am 17. Juni 2019, um 12:39

Danke! Dachte ich hätte es evtl falsch verstanden oder reagiere mal wieder zu sensibel.

Stoni, 17. Juni 2019, um 14:03

Opfer der Raubzüge mit lächerlichen Neidunterstellungen zu relativieren oder gegen andere sozial Schwächere zu hetzen, ist beides unterirdische BILD-Masche.

Octopussy, 17. Juni 2019, um 14:08
zuletzt bearbeitet am 17. Juni 2019, um 14:11

Okay bin raus. Wer brachte den schönen Satz hier : "verurteilen ist einfacher als Verstehen! "?

Frollein_Schmutz, 17. Juni 2019, um 14:25

👉 https://www.youtube.com/watch?v=o6qaKx7bxaw ☝️

Stoni, 17. Juni 2019, um 14:59

Was wolltest du denn mit deiner "Neid und Missgunst" Geschichte erzählen? Dass es der Altenpflegerin mit 2.000 brutto nur deshalb "nicht ganz so gut geht" weil ihr Nachbar 5.000 hat? Es ihr aber "gut gehen würde", wenn sie und ihr Nachbar jeweils nur 1.000 hätten?

Frollein_Schmutz, 17. Juni 2019, um 15:29

Hier werden imho 2 Paar Schuhe durch 2 verschiedene Hutschnüre getrieben:

Zum einen is es die zum Himmel schreiende Verteilungsungerechtichkeit (um selbige mal wohlwollend zu benamsen) und zum anderen die Neiddebatte, bloß weil es wem anders (vermeintlich) besser geht als einem selbst.

Die Erfahrung lehrt, dass das zu nix führt.

Frollein_Schmutz, 17. Juni 2019, um 15:37

Ein Großteil der Leute is doof (nach meiner Erfahrung liegt die Doofenquote bei etwas über 50 v. H. - es können aber auch mehr sein).

Diese Leute erreichste eh nich.
Die denken nich weiter als von der Mauer bis zur Tapete, und wenn die sehen, dass dem Asylanten alles das reingesteckt wird, was man sich selbst vom Hartz IV-Munde absparen muss, dann is der Asylant eben ein Schmarotzer, der hier nix zu suchen hat.
Dann wird auch eben mal ein Nachbar angeschwärzt, weil der sich nach Feierabend etwas dazuverdient ...

Die Liste ließe sich beliebich fortführen.

Frollein_Schmutz, 17. Juni 2019, um 15:40

Stoni hat mit seiner Oligofructose-Kritik sicherlich Recht.
Es juckt nur die wenichsten, da das alles zu diffus is und jenseits des eigenen Tellerrands stattfindet.

Wer wollte gegen dieses System vorgehen?
Meine Prognose is, dass es erst den Bach runtergeht, wenn es sich selbst auffrisst ...

Frollein_Schmutz, 17. Juni 2019, um 15:55

Aber zum Glück gips ja Könich Fußball - der vereint ausnahmslos alle!
Was kann es Schöneres geben, als sich nach Feierabend zusammenzufinden und darüber auszutauschen, welcher Spieler für wie viele Millionen von BlackRock Barcelona zu Gazprom Lüneburch transferiert wurde (oder umgekehrt).

Ich sachs Euch: es gibt viele Impulse, die den grotesk großen Kötel am Rollen halten!
Isso.

Frollein_Schmutz, 17. Juni 2019, um 15:59

OT: Will Mia ernsthaft niemand vom Pentuple abhalten?

Stoni, 17. Juni 2019, um 16:11

Leider sieht meine Prognose ähnlich aus ...
Eigentlich ist es gar nicht so diffus und betrifft viele Tellerränder, Beispiel diese Altenpflegerin:

Die korrumpierte Politik treibt von ihren Konzern-Herrchen keien Steuern mehr ein - im Gegenteil begünstigt sie - wie aktuell SPD-Scholz diese Steuerflucht - jährlich rund 100 Mrd. EUR Verlust.

Der Staat hat zu wenig Geld, die Altenpflege wird privatisiert, auch damit sich die Pflegekonzerne (BlackRock & Co) zusätzliche Profite in dem Wachstumsmarkt unter den Nagel reissen können.

Die Altenpflegerin ist nun nicht mehr Angestellte im öffentlichen Dienst, sondern schuftet für ein Minimalgehalt ... weniger Kollegen bedeuten schliesslich mehr Profite für BlackRock & Co.

Und die Altersvorsorge will Merz, wie letzte Woche gefordert, eh am liebsten ganz privatisieren, und in den gierigen BlackRock Rachen schieben ... wieder Dutzende zusätzliche Profit-Milliarden jährlich, ... und das obwohl die Betrügereien an den Rentnern längst aufgeflogen sind, Demographie-Lügen, Riester-Rente, 25% Rentenvernichtung nach 2008 usw.

Cabeza_doble, 18. Juni 2019, um 19:06

Stoni, Du hast ja richtig beobachtet. Blackrock, aber auch Vonovia und Deutsche Wohnen zeigen die hässliche Fratze des Raubtierkapitalismus ganz deutlich. Aber ich bin davon überzeugt, dass deren Zeit gerade abläuft. Selbst der Dümmste merkt doch so langsam, dass etwas nicht stimmt, wenn die immer reicher werden, aber selbst Gutverdiener sich für ihre Familie kaum noch eine angemessene Wohnung leisten können. Von Normal- oder gar Geringverdienern ganz zu schweigen. Und doch bin ich auch ein wenig bei Schwill. Jedem Deutschen, selbst der ärmsten Socke, geht es immer noch wesentlich besser, als den meisten Menschen in z.b. Mali oder Bangladesch. Die Verteilung des Reichtums weltweit ist der eigentliche Skandal. Wenn wir den Frieden in der Welt fördern wollen, muss zuallererst daran was geändert werden. Aber auch das möglichst ohne Gewalt oder gar Krieg.

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